Im Hexentaxi bergauf

 

Zur Vermeidung von Mißverständnissen, die offiziellen Seiten der Harzer Schmalspurbahnen finden Sie hier

Streckenübersicht der Harzer Schmalspurbahnen

Harzquerbahn Brockenbahn Selketalbahn

Harzer H Harzquerbahn
Schmalspur- S Selketalbahn
Bahnen B Brockenbahn

Nordhausen-Wernigerode Eisenbahn (NWE), die DR und die HSB

1839 begann das Eisenbahnzeitalter ín Deutschland mit der ersten Ferneisenbahn zwischen Leipzig und Dresden richtig. Aber der Harz war noch viele Jahre außen vor, selbst im genialen Entwurf von Friedrich List für ein deutsches Eisenbahnnetz aus dem Jahr 1833 führten keine Strecken in den Harz. Die ersten Eisenbahnen im Harz waren die Halberstadt-Blankenburger Eisenbahn (1873) und die meterspurige Gernrode-Harzgeroder Eisenbahn (1887). Erst 60 Jahre nach der ersten deutschen Ferneisenbahn fuhren Züge von Süd nach Nord durch den Harz und hinauf auf den Brocken.

1896 wurde die Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft gegründet. In der Konzessionsurkunde vom 27. Mai 1896 heißt es:

„...Bau und Betrieb einer für den Betrieb mittels Dampfkraft und für die Beförderung von Personen und Gütern im öffentlichen Verkehr bestimmte, den Vorschriften der Bahnordnung für die Nebenbahnen Deutschlands unterworfene Eisenbahn mit 1 Meter Spurweite von Nordhausen über Ilfeld nach Wernigerode mit einer Abzweigung zum Brocken.“

Am 16. Juni 1898 fand die Eröffnungsfahrt von Wernigerode nach Schierke statt und noch vor Wintereinbruch gab es am 4. Oktober 1898 die erste Probefahrt zum Brocken.

Die Strecken  Nordhausen – Drei Annen Hohne – Wernigerode (Harzquerbahn)  und  Drei Annen Hohne – Brocken (Brockenbahn)  wurden am 27. März 1899 in Betrieb genommen.

Der Brockenverkehr fand nur vom 30. April (Walpurgisnacht) bis 15. Oktober statt. Im Winter 1899 gemachte Versuche einer Betriebsdurchführung erwiesen sich als zu aufwendig. Erst 1950, als die Deutschen Wintersportmeisterschaften in Schierke stattfanden, fuhren auch im Winter Züge über Schierke hinaus.

Ab dem 14. August 1961 wurde der Personenverkehr zwischen Schierke und dem Brocken eingestellt. Es verkehrten ab Schierke nur Güterzüge auf der Brockenbahn, die Kohle, Öl und Baumaterial auf die Brockenkuppe für die dort stationierten Grenztruppen der DDR und die Sowjetarmee transportierten. Nach 1989 ging es andersrum, nicht mehr benötigte Materialien und Ausrüstungen wurden wieder ins Tal transportiert. Am 15. September 1991 konnte der Personenverkehr auf der Brockenbahn wiedereröffnet werden.

Am 1. Februar 1993 übernahmen die Harzer Schmalspurbahnen GmbH auch die Brockenbahn und betrachtet sie seither als wichtigsten Bestandteil von "Die Größte unter den Kleinen".

Einheitslokomotive 99 222

Schwartzkopf baute 1931 drei Einheitslokomotiven 1'E'1 h2t mit 735 PS für die meterspurige Strecke Eisfeld – Unterneubrunn. Die nach dem Krieg einzig verbliebene 99 222 (ab 1970 99 7222‑5) kam von dort 1967 in den Harz. Die Lokomotive ist im Erscheinungsbild der 60er Jahre unterwegs.

Brockenloks der Baureihe 99.23-24

Die DR erhielt vom Lokomotivbau "Karl Marx" 17 Neubaulokomotiven, 5 Stück 1954 (99 231-99 235), 11 Stück 1955 (99 236-99 246) und die letzte1956 (99 247) für die Harzquerbahn, die Brockenbahn und die Strecke Eisfeld – Schönbrunn (bis 1950 Unterneubrunn) in Thüringen.

Die Lokomotiven der Bauart 1'E1' h2t ähnelten den meterspurigen Einheitsloks von 1931. Sie sind etwas länger als die Einheitslok, etwas leichter, haben aber einen größeren Kohlevorrat. Trotz etwas geringerer Leistung (700 PS) besaßen sie die gleiche Zugkraft.

Mit der Stillegung der Strecke Eisfeld-Schönbrunn 1973 kamen die dort eingesetzten Lokomotiven (99 231, 99 235, 99 236 und 99 237) auch nach Wernigerode.

Alle 17 Neubauloks wurden schließlich 1993 von der HSB übernommen und etwa 10 Stück werden von Nordhausen Nord und Wernigerode aus eingesetzt. Zwischen 2004 und 2012 gab es ein umfangreiches Rekonstruktionsprogramm, es ging vor allem um die Erneuerung von Rahmen und Zylindern.

Malletdampflokomotiven 99 5901-5903

   
Bereits seit dem Jahre 1897 sind Dampflokomotiven der Bauart „Mallet“ B'B n4vt (vierzylindriges zweigeteiltes Triebwerk) auf den bogenreichen Schmalspurstrecken im Harz im Einsatz. Insgesamt 12 Lokomotiven dieses Typs  wurden zwischen 1897 und 1900 von der Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft (NWE) beschafft. Gebaut wurden sie von der Maschinenfabrik Jung und von der Waggonbaufabrik Güstrow. Ihre Leistung beträgt 255 PS.

Noch fünf Dampflokomotiven davon konnten 1949 von der DR übernommen werden und kamen 1956 zur Einsatzstelle Gernrode.

99 5901 - 99 5903 gehören heute zu den historischen Lokomotiven der HSB. 1999 waren NWE #13 II und 99 5901 gemeinsam vor Sonderzügen zu erleben.

Eine der drei zur Zeit nicht betriebsfähigen Mallets (Jung, Baujahre 1897/1898) soll 2024 wieder vor Traditionszügen zu sehen sein.

Die letzte noch einsatzfähige Mallet 99 5906-1 (Stand Mai 2022) ist zugleich die jüngste. 1918 in Karlsruhe gebaut und ab 1920 als NWE 41II eingesetzt. Sie ist aber weniger leistungsfähig als ihre älteren Mallet-Schwestern und ist jetzt als museales Exponat in den Ruhestand gegangen. Mehr über die Malletlokomotive 99 5906 finden Sie hier.

Der Start zum Brocken im Trennungsbahnhof Drei Annen Hohne

In Drei Annen Hohne starten die Brockenzüge, es geht eigentlich bei jedem Wetter bergauf. Es sei denn der Schneefall ist zu extrem, der Wind ist zu stark oder es brennt mal wieder der Wald...

Schierke im Tal der Kalten Bode

Bis zum Bahnhof Schierke (687 m ü NN) hat der Zug 144 Höhenmeter erklettert, bleiben nur noch 438 Höhenmeter. Der Bahnhof liegt oberhalb des Ortes (600 bis 650 m). Der Weg vom Ort zum Bahnhof ist kein einfacher!

Schierke, der ehemalige "Kurort der Werktätigen", wirbt mit dem Slogan "St. Moritz des Nordens". Wenn es nur mit dem Schnee klappen würde...

Immer wieder sind Gleisbauarbeiten in dem stark beanspruchtem Netz erforderlich. Auf Gleis 3 stehen eine Schotterplaniermaschine PBR 205 und die Universalstopfmaschine 08-75/4 ZW.

Hinter Schierke geht es mit 33 ‰ bergauf

Von Schierke (687 m ü NN) geht es durchgängig mit 33 ‰ hinauf zum Brocken. Die Strecke besitzt mehrere 60-Meter-Kurven. Der Wanderweg von Schierke zum Eckerloch führt immer am Gleis entlang. Die Bahn kreuzt die Alte Bobbahn, zwischen den beiden Bildern liegen 6 Jahre.

1950 fanden in Schierke die Deutschen Wintersportmeisterschaften statt. Es gab einen Bahnhof Eckerloch. Die schneesichere Eckerlochschanze wurde in den 70er Jahren abgerissen.

Die Brockenbahn überquert am Eckerloch das Schluftwasser und fährt einen großen Bogen am steilen Hang entlang Richtung Goetheweg. Dabei hat man auch einen Blick auf den Wurmberg (mit der 2014 demontierten Schanze). Aktuell hat man sicher noch einen besseren Ausblick, denn der Wald hier gehört zu den am meisten geschädigten Waldgebieten im Hochharz.

Betriebsbahnhof Goetheweg

Am Betriebsbahnhof Goetheweg (Kilometer 13,6) befindet sich eine weitere Möglichkeit für Zugkreuzungen. Hier gibt es ein 956 m langes waagerechtes Rückdrückgleis. Durch diese Technik gibt es eine durchgängige Steigung im Streckengleis und keine Steigungsunterbrechung wie bei einem Kreuzungsbahnhof. In der Regel stoppt der talwärtsfahrende Zug in dem Stumpfgleis um den Gegenzug passieren zu lassen. Es kann aber auch der bergwärtsfahrende gestoppt und zurückgedrückt werden.

Am Goetheweg

Der Goetheweg neben den Gleisen der Brockenbahn ist der westliche der drei Zugänge zur Brockenkuppe. Hier kommen die Wanderer aus Richtung Torfhaus und aus dem Tal der Kalten Bode. Der Weg geht entlang von Torf- und Heidelandschaften. Von der Brockenkuppe aus sieht man die qualmende "Spielzeugeisenbahn" sich dem Berggipfel nähern, aber es liegt noch ein weiter Weg durch die Brockenspirale vor ihr.

Der Weg endet an der Brockenstraße, dem direkten Zugang von Schierke aus. Auch die Wanderer, die von Süden vom Eckerloch und dem Schluftwasser bergauf kommen, treffen hier wieder auf die Brockenbahn.

Es gibt noch einen dritten Zugang zum Brocken, aus nördlicher Richtung von Ilsenburg bzw. Harzburg führt der Hirtensteig (Heinrich-Heine-Wanderweg) zum Gipfel.

Die Brockenspirale

Vom Betriebsbahnhof Goetheweg sind es noch 5,4 km bis zum Brockenbahnhof. Das Besondere, der Brockengipfel wird in einer Spirale anderthalbmal umrundet. Um die maximale Steigung einzuhalten, legt der Zug vom Eckerloch bis zum Brockenbahnhof 8,6 Kilometer zurück, dreimal länger als die Strecke für den Wanderer.

Am Ziel - Brockenbahnhof

Von der Brockenstraße sieht man im Nebel schon das Ziel, den 1125 m hoch gelegenen Brockenbahnhof. Das ist das Ziel nach knapp 19 km Bahnfahrt.

In dem dreigleisigen Bahnhof ist reger Betrieb, erst Recht, wenn Traditionszüge zusätzlich zu den Planzügen auf den Brocken fahren.

Im Bahnhofsgebäude oberhalb der Gleise ist auch der legendäre Brockenwirt zuhause, es gibt etwas Deftiges - wie wäre es mit einer Erbsensuppe? -  zu essen und man ist vor dem Brockenwind geschützt.

Der Brockengipfel - 1141,2 m ü NN

Der Brocken im Naturpark Harz/Sachsen-Anhalt ist ein bemerkenswerter Gipfel. Die Brockenkuppe mit markanten Felsformationen wie Teufelskanzel und Hexenaltar liegt oberhalb der Waldgrenze. Es gibt nur kleinwüchsige Fichten und die Zwergstrauchheide.
Auf 4600 m2 erstreckt sich ein 1890 gegründeter Brockengarten mit Pflanzen aus alpinen Hochlagen bzw. polarkreisnahen Gebieten. Die erste Schutzhütte, das Wolkenhäuschen von 1736, existiert heute noch. Goethe (erstmals 1777) und Heine (1842) waren hier. 1895 entstand eine Wetterwarte und wurde 1939 von der heutigen ersetzt. Die Sendeanlage (123 m hoch, ab 2007 nur noch 115 m) hat eine enorme Reichweite, es gibt ein schönes Hotel im alten Sendeturm von 1936 und noch viel mehr.

Der letzte und der erste Zug

Der letzte Zug fährt zurück nach Wernigerode, es kehrt Ruhe ein. Nur noch ein paar einsame Wanderer und die Übernachtungsgäste des Brockenhotels sind unterwegs.

Ein hungriger Fuchs, der die von Touristen achtlos weggeworfenen Bockwurst- und Brötchenreste sucht - das ist alles.

Auf den Sonnenuntergang folgt eine ruhige Nacht und ein neuer Tag. Dann taucht der Frühzug aus dem Nebel auf und bringt neue Touristen...

Qualm zur falschen Zeit am falschen Ort

2011 haben wir einen kleinen Brand an der Brockenspirale unterhalb des Gipfelrundweges erlebt. Noch bevor die Freiwillige Feuerwehr aus Schierke eintraf hatten die Ranger mit ihren Feuerklatschen und der Heizer mit gezieltem Strahl die Situation unter Kontrolle gebracht.
Normalspurige zweiachsige Kesselwagen der HSB auf Rollwagen, dieser Wasservorrat wird zur Brandbekämpfung dringend benötigt. Die Fahrzeuge stehen u.a. in Schierke, Drei Annen Hohne und im Brockenbahnhof bereit.
Eine aktuelle Anmerkung zu den verheerenden Waldbränden des Jahres 2022 am Brocken:
Eine Reduzierung des Dampfbetriebes auf der Brockenbahn bei Waldbrandwarnstufe 4 und 5 ist vertretbar. Die technisch gut ausgerüsteten Dampflokomotiven sind aber nicht für jeden ausgebrochenen Brand verantwortlich. Leider gibt es sehr viel Fahrlässigkeit und kriminelles Verhalten von Fahrgästen und Wanderern zu beobachten...

140,4 km lang ist das längste zusammenhängende Schmalspurnetz Deutschlands im wunderschönen Ostharz. Nur 19 km lang ist die Brockenbahn, aber dafür ist sie ein besonderes Erlebnis.

Wenn man einen längeren Urlaub in Schierke verbringt, dann ist fast täglich einmal auf den Brocken fahren Pflicht, man erlebt bei jeder Fahrt so viele unterschiedliche Dinge. Und eine Übernachtung im Brockenhotel inclusive Sonnenuntergang und Sonnenaufgang ist auch ein absolutes Highlight.

Außerdem gilt: Mitfahren statt nur Fotos schießen! Nur so bleibt die Bahn, auch als Fotomotiv, bestehen.

Die Brockenbahn ist aber nicht alles, was die Harzer Schmalspurbahnen zu bieten haben. Besuchen Sie auch die Harzquerbahn und die Selketalbahn.

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letzte Änderung:  15.12.2022 19.12.22 freeze