Straßenbahngeschichte in Chemnitz/Karl-Marx-Stadt
Die
Chemnitzer/Karl-Marx-Städter Straßenbahngeschichte wartet mit vielen
Besonderheiten auf, da ist es nur natürlich, daß es ein Straßenbahnmuseum
gibt, in dem sie gut und interessant präsentiert wird.
Betrieben wird das Straßenbahnmuseum Kappel von der AG Straßenbahnfreunde Chemnitz e. V.
Zu den Besonderheiten des Straßenbahnverkehrs in
Chemnitz/Karl-Marx-Stadt gehören:
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Die Spurweite der schmalspurigen Chemnitzer Straßenbahn betrug 925 mm.
Nach einigen Versuchen gelang es erst dem Engländer William Roebuck,
am 22.4.1880 den ersten Teilabschnitt einer Pferdeeisenbahn in Betrieb zu
nehmen.
Chemnitz war die 28. Stadt in Deutschland mit diesem modernen Verkehrsmittel.
Bewilligt wurde unter anderem die Linie vom Wilhelmplatz durch
die Schiller- und Königsstraße, weiter als Ring um die innere Stadt
(Theaterstraße/Nicolaigraben und Poststraße), dann über die
Nicolaibrücke die Zwickauer Straße entlang bis nach Kappel.
Die Spurweite betrug 3 englische Fuß, also 915 mm, die sich
in der Folge zu der ungewöhnlichen Spurweite von 925 mm entwickelte.
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Von 1960 bis 1988 existierten nebeneinander zwei
Straßenbahnnetze.
1956 wurde die Entscheidung zugunsten einer regelspurigen
(1435 mm) Straßenbahn getroffen. Zuerst wurde am 8.5.1960 ein 2,3 km
lange Abschnitt in Altchemnitz eröffnet und schrittweise bis ins
Stadtzentrum ausgebaut. Die
Normalspur ersetzte teilweise die 925 mm Bahn, allerdings wurden auch viele
ehemaligen Schmalspurstrecken vom Omnibus übernommen. Auf diesen Omnibuslinien (Linien
mit 20-er Nummern) galt
weiterhin der Tarif der Straßenbahn!
Die Berührungsstelle der beiden Netze bildete die
Zentralhaltestelle an der Ernst-Thälmann-/Otto-Grotewohl-Straße.
Noch Mitte der 80-er Jahre im Zusammenhang mit dem Neubau
der Normalspurstrecke nach Schönau/Popow-Straße wurde auf der
Wilhelm-Pieck-Straße ein Dreischienengleis verlegt. Geplant war, hier
sowohl die
Rottluffer-Schmalspurlinie als auch die Normalspurbahn fahren zu lassen.
Die letzte Straßenbahnlinie mit 925 mm Spur, der Rest
der Linie 3 zwischen Rottluff und Zentralhaltestelle wurde am 6.11.1988 durch den
Bus ersetzt. Das Rumpeln hatte ein Ende.
- Selbst die breiten Tatrafahrzeuge waren etwas besonderes.
Wie in
Schwerin kamen Fahrzeuge T3D mit 2,50 m breiten Wagenkästen zum Einsatz. Das
konnte man sich leisten, da die neugebauten Straßenbahnlinien auf separaten
Trassen verkehren und keine engen Innenstadtstraßen/-radien passieren
müssen.
Heute besteht der Wagenpark ausschließlich aus modernisierten T3D-M der
Baujahre 1982 bis 1988 und den neuen Variobahnen der CVAG
(Einrichtungswagen, Zweirichtungswagen, City-Bahn-Fahrzeuge). Auch diese haben Abmessungen, die stark von
denen moderner Großraumstraßenbahnen in anderen Großstädten abweichen.
- Die Spurweite 1435 mm der Straßenbahn entspricht exakt
der der Eisenbahn.
Neben dem
Karlsruher Modell existiert nun noch das Chemnitzer Modell. Heute
fährt die Straßenbahn aus der Stadt heraus bis nach Stollberg und verbindet so
das Stadtzentrum mit dem Umland.
Mit der Umgestaltung des Chemnitzer Hauptbahnhofes in den
nächsten Jahren werden weitere Züge der City-Bahn Chemnitz AG das Zentrum
erreichen. Vielleicht fahren dann sogar Dieseltriebwagen auf den
Straßenbahngleisen der Innenstadt.
Das Museumsgelände in Kappel
1880 entstanden an der Zwickauer Straße in Kappel
Pferdeställe, Wagenschuppen und andere Gebäude der Pferdeeisenbahn.
Kurz
nach Aufnahme des elektrischen Betrieb am 19.12.1893 kamen Anfang 1894 die
ersten 28 Triebwagen
in die ehemalige Wagenremise, die Beiwagen wurden im
Pferdestall untergebracht.
In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu
Erweiterungen. Das für den Betriebsbahnhof und Hauptwerkstatt Kappel typische
Bild vermittelt die Skizze vom Zustand 1930 (Quelle: Heiner Matthes,
Straßenbahnen in Karl-Marx-Stadt).
Ab 1953 war der Bahnhof Kappel (in Chemnitz werden die
Auswärtigen seit Jahren richtig verwirrt, denn nicht jeder Bahnhof ist ein
Bahnhof!) bis zuletzt nur noch
Hauptwerkstatt, allerdings nach Auflösung des Betriebsbahnhofes Leninstraße
war in Kappel von 1976 - 1981 wieder eine Wageneinsatzstelle.
Von 1977 wurden regelspurige Tatrawagenkästen auf Rollböcken von
Schmalspurschlepptriebwagen nach Kappel überstellt. Die Übergabestelle mit der
Rollbockgrube befand sich gegenüber der Einmündung der Annaberger Straße in
die Otto-Grotewohl-Straße.
Nachdem Kappel vom Schmalspurnetz abgetrennt (1984) war erfolgte ab
der Transport der Tatrawagenkästen auf Straßenrollern. Das änderte sich erst mit
dem Anschluß an das Normalspurnetz im Zuge des Neubaus der Linie 1.
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Mit dem Umzug der Traditionsstraßenbahnen von
Altendorf nach Kappel sind die Wagenhallen an der Zwickauer Straße zu Museumsehren
gekommen. Leider wurde das Gleis in der
Zwickauer Straße entfernt, sonst wären "Rundfahrten" und
nicht nur "Rausfahrten" möglich. |
Den Gebäuden im Westteil sieht man die wechselvolle
Geschichte an. In diesen Teil führen die Gleise der Normalspur (von
hinten) hinein, auf denen sich 1998 der Fahrschulwagen 1106, der Schneepflugwagen
1103 und der kombinierte Schneepflug- und Salzstreuwagen 1101 präsentieren. |
Der Älteste von 1920
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Am 1.11.1908 war die Strecke Kaßbergauffahrt bis
Weststraße/Ulmenstraße fertig. Alle 7,5 min verkehrte
die neue Linie K von der Weststraße zum Hauptbahnhof (3,18 km).
Auf der
Verlängerung zur Kochstraße (0,52 km, 1.7.1914) verkehrte anfangs nur Linie H,
ab
7.6.1915 fuhr auch Linie K im 5-Minuten-Abstand bis Kochstraße.
1927 wurde aus der Linie K die Linie 10, aus der Linie H
die Linie 8 .
Linie 10 wurde1940 kriegsbedingt eingestellt und fuhr erst
wieder
Ende 1945 zwischen Weststraße und Falkeplatz bzw. Casino als Ersatz
für Linie 8.
In der Folgezeit wechselten sich die 8 und die 10 auf der
Kaßbergauffahrt ab:
Wiederaufnahme des Betriebs auf der Linie 8 von Weststraße nach
Hilbersdorf/Kirche (19.5.46) bzw. nach Ebersdorf
Für die erneut verkürzte Linie 8 verkehrte die Linie 10 vom 15.12.1948 bis
31.10.1955 zwischen Weststraße und Stalinplatz.
Danach verkehrte nur noch die Linie 8 (zwischen Ebersdorf und Weststraße, ab
20.12.1975 nur noch zwischen Weststraße und Zentralhaltestelle).
Die Betriebseinstellung auf der Kaßbergstrecke war am 15.10.1983,
danach verkehrte die Omnibuslinie 26.
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Während der Museumsnacht in Chemnitz bekommt Triebwagen 169
viel Besuch.
Neben dem schönen alten Triebwagen lassen sich auch
zwei nette, hübsche und wesentlich jüngere Damen fotografieren. Ob die Damen auch so einen interessanten
Lebenslauf
wie die Linie K und der 169er haben? |
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Triebwagen 169, Baujahr 1920
stammt aus einer Serie von Eigenbauten (163 bis 172, 1915/1920)
wurde 1951 umgebaut zum Fahrschulwagen und seit 1956 als 1169 bezeichnet
seit
1980 ist er als Traditionswagen 69 unterwegs
in Anlehnung an die Kaßbergwagen von 1908 präsentiert sich
der historische Triebwagen 169 seit 1996
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Einige Exemplare aus dem Bestand (1998)
Triebwagen 15 (II)
1925 in Düsseldorf gebaut
ab 1936 Triebwagen 267
1976-1982 Arbeitstriebwagen 1267
Restaurierung 1984-1990Triebwagen 251
gebaut 1929 in Bautzen
ab 1975 Triebwagen 351
seit 1988 historischer Triebwagen
restauriert 1989-1990 |
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Triebwagen 206
1928 in Bautzen gebaut
ab 1975 als Triebwagen 306
(II) unterwegs
ab 1977 Triebwagen 316 (II)
seit 1988 historischer Triebwagen
1994-1999
restauriert
Triebwagen 306, Beiwagen 552 und Beiwagen 566 werden einen typischen
Dreiwagenzug bilden, wie er in den 70-er Jahren auf den Flachstrecken
unterwegs war |
Diese Fahrzeuge trifft man auf den Linien in der Stadt
Auf den Strecken der Stadt trifft man immer wieder den Triebwagen 801, der
als Partyoldtimer unterwegs ist. Dieser ehemalige ET54 wurde 1956 gebaut und
fuhr zunächst als 1564 (II), 1528 (II) und 212 103 in Dresden. 1986 kam er nach
Karl-Marx-Stadt und wurde als Winterdienstfahrzeug 1102 umgebaut. Seit 1996
kommt er seiner neuen Aufgabe nach und seit 2002 trägt er die Nummer 801.
Daneben bewahrt die CVAG, der Nachfolger des VEB Nahverkehr Karl-Marx-Stadt
Fahrzeuge der jüngeren Geschichte. Es handelt sich um den T3D Triebwagen 401
von čKD aus dem Jahr 1968, mit dem 1969 der Einsatz der Tatrafahrzeuge auf dem
Normalspurnetz begann. Er soll später mit dem T3D Triebwagen 402 und dem B3D
Beiwagen 713 (II) den historischen Tatra-Großzug bilden.
letzte Änderung: 19.08.2003
18.07.21
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